Slow Agony

„Diese Wende in meinem Leben, die mich von der Stadtmaus zur Feldmaus machte, erwies sich als neue Inspirationsquelle. All die Wild- und Haustiere, die gerodeten Landschaften, den unerbittlichen Launen der Natur und dem gierigen Ozean hilflos ausgesetzt, und dazwischen die Menschen, die der Alkohol zu hetzerischen Killern machte“, erklärte Tomi Ungerer.

Während seiner Zeit in New York (957-1971) betätigte sich Tomi Ungerer vor allem als Zeichner in verschiedenen Bereichen wie Kinderliteratur, soziale und politische Satire und Reklame. Sein Umzug nach Lockeport, einer Stadt auf einer Halbinsel in Neuschottland, war eine drastische Abkehr von einer Welt, der er überdrüssig geworden war. Er zog mit seiner Ehefrau auf eine verlassene Farm und nahm sein neues Leben als Tierzüchter zum Anlass, sich im realistischen Zeichnen zu üben. „Slow Agony“ erschien 1983 im Querformat und enthält Bilder von Häusern, Fabriken und Autos, denen jeweils ein englisches Zitat aus der Bibel oder aus einem Baptisten- oder Countrysong gegenübersteht. Das Buch stieß bei seiner Veröffentlichung auf heftigen Widerstand, denn die menschenleeren Kleinstädte und die offensichtliche Armut der Region wirken wie Allegorien des Todes. Tomi Ungerer erprobte hier auch eine neue Technik: Ausgehend von eigenen Fotos fertigte er hyperrealistische Zeichnungen an, in deren komplexe Komposition er das Weiß des Papiers mit einbezog. Insofern steht dieses Werk auch in der Tradition typisch amerikanischer Kunstrichtungen wie dem Hyperrealismus, dem Fotorealismus und den Arbeiten des amerikanischen Malers Edward Hopper.