Giulietta

1993
Bertrand Lavier
Museumshalle
Bertrand Lavier, Giulietta, 1993, © Adagp, Paris, Photo : Mathieu Bertola – Musées de la Ville de Strasbourg

 

 

In der Stadt

Bertrand Lavier befasst sich seit 1987 mit der Identität von Dingen, der Definition von Wirklichkeit und der Vieldeutigkeit von Darstellung und Sprache. Für seine Arbeiten, einfach und konzeptuell zugleich, wählt er Gegenstände mit starker physischer Präsenz. Sein Werk löst formale und geistige Vorgänge aus, die gängige Denkmuster erschüttern und mit Gattungsgrenzen und Konventionen brechen, um ihr subversives Ziel zu erreichen. Manche Gegenstände werden mit einer dicken Farbschicht bedeckt, was der Künstler als „Van-Gogh-Note“ bezeichnet; andere werden übereinandergestapelt (z.B. ein Kühlschrank auf einem Tresor).

„Giulietta“ war ursprünglich ein italienischer Sportwagen der Marke Alfa Romeo, der in einen Verkehrsunfall verwickelt war. Da das Wrack den zahlreichen Kriterien entsprach, die Bertrand Lavier in seinen künstlerischen Richtlinien festgelegt hatte, wurde es vor der Verschrottung gerettet und auf einen Sockel gehievt. Derart in einem Museum ausgestellt – und also in eine Skulptur verwandelt – hinterfragt das Auto stumm seinen eigenen Status als Kunstwerk und sein dramaturgisches Potenzial.

Giulietta erzählt keine bestimmte Geschichte. Sie ist gleichermaßen Gedächtnis, Symbol und Bild unserer Gesellschaft, unserer Ängste oder unserer Kultur.

Bertrand Lavier erklärt: „Giulietta ist kein Ready-made, sondern – im Gegenteil – ein Ready-destroyed. Marcel Duchamp schätzte die Ready-mades für ihre gleichgültige Schönheit und ihre Emotionslosigkeit […]. Ich habe gemerkt, dass ich das genaue Gegenteil tun konnte: ein emotionales Prinzip ausstellen.“

Bertrand Lavier, Giulietta, 1993, © Adagp, Paris, Photo : Mathieu Bertola – Musées de la Ville de Strasbourg
Bertrand Lavier, Giulietta, 1993, © Adagp, Paris, Photo : Mathieu Bertola – Musées de la Ville de Strasbourg